Barrieren überwinden

Internationales Zirkuscamp

Kann ich mich denn auch schon einen Tag früher abholen lassen?“ fragten Jan und Alex etwas verunsichert und mit Blick zu ihren Eltern gleich zu Beginn der Begegnung .

Ein bißchen Nervosität machte sich halt doch schon breit bei der deutschen Gruppe, bevor die Italiener endlich in der Jugendherberge Melsungen angekommen waren. Wie soll man denn mit denen reden, wenn die alle tatsächlich nur italienisch sprechen? Und von der deutschen Gruppe - außer 2 Teamern - keiner italienisch spricht?

Den Italienern war anzusehen, dass sie ähnlich ratlos waren.

Mit Hilfe einiger Spiele, die außer einer anfänglichen Erklärung keiner großen Worte bedurften, wich die Spannung schnell erstem scheuen Zulächeln.

Und schon war die Gruppe auch mitten im Thema der Begegnung: „Fremd sein und zusammen leben“. Was verunsichert mich in einer neuen Situation? Was irritiert mich bei der Begegnung mit Unbekanntem, bei der Begegnung mit Fremden? Und was brauche ich, um mich auch in unbekannten Situationen, mit fremden Menschen sicher zu fühlen? Was gibt mir das Vertrauen, auf Fremde offen zugehen zu können?

Angesichts der mangelnden fremdsprachlichen Fähigkeiten der Teilnehmenden erwies sich die Zirkusarbeit als sehr geeignet Italiener und Deutsche einander annähern zu lassen. Bei Akrobatik und Jonglage braucht es nicht viele Worte um von- und miteinander zu lernen. Und so wurden eine Woche lang Teller gedreht, Bälle, Keulen und Tücher jongliert, Handstände geübt, Menschenpyramiden gebaut, Ringe flogen durch die Luft, es wurde getanzt und das Teuflische an Diavolo und Devil sticks gesucht.

 

Natürlich schaute sich auch diese Gruppe Kassel an und wurde im Rathaus empfangen, und auch diese Gruppe kam in den Genuss weitere Highlights wie Reiten und Kanu fahren. An den Länderabenden wurden Geburtstagsfeiern in verschiedenen (Kinder- und Jugend-)Altersstufen durchgespielt und ließen die anderen Teilnehmer vorübergehend zum Teil von traditionellen Feiern des anderen Landes werden.

 

Den Nachmittag, an dem jeder italienische einen deutschen Teilnehmer nach Hause begleitete, um einen unmittelbaren Eindruck vom Lebensalltag in einer nordhessischen Familie zu erhalten, beurteilten anschließend alle als total super. Und das hierfür befürchtete sprachliche Verständigungsproblem wurde von Teilnehmern und Familien auf ebenso vielfältige wie kreative Weise gelöst.

Am Ende der Begegnung stand eine 50 minütige öffentliche Zirkusgala, bei der die jungen Leute mit Tüchern, Ringen, Bällen, Keulen, Diavolos, Devil sticks und Akrobatik die Geschichte der Entwicklung von der Verunsicherung vom Anfang zu einem spaßigen und kommunikativen Miteinander, die Geschichte der Entwicklung von Angst zu Mut und Vertrauen erzählten – ein wunderschönes Erlebnis für Darsteller und Zuschauer.

Von dem Wunsch, früher von der Begegnung abgeholt werden zu können, war da übrigens auch bei Jan und Alex überhaupt nichts mehr zu hören.


Internationales Zirkuscamp

05.-14. Oktober 2007 in Melsungen

Modigliana (Italien) - Kassel

13-20 Jahre

 

Während dieses integrativen Begegnungsprojektes mit behinderten und nicht behinderten Jugendlichen aus der Emilia-Romagna (Italien) und Nordhessen in Kassel und Melsungen haben sich die Teilnehmenden 8 Tage lang mit dem Thema „Fremd sein und zusammen leben“ beschäftigt. Es wurden erlebnispädagogische Aktionen und Kooperationsaufgaben durchgeführt, wie gemeinsame Kooperationsspiele, therapeutisches Reiten und eine Kanutour. Die Gruppen gewannen an den gemeinschaftlichen Länderabenden Einblicke in die alltägliche Lebenswelt der anderen Teilnehmenden, und besuchten verschiedene Jugend- und Integrationsprojekte sowie kulturelle Projekte (Offener Kanal Kassel, Luthercafé) in Kassel. Die Teilnehmenden aus Italien hatten die Gelegenheit, die Jugendlichen aus Nordhessen in ihrem zu Hause zu besuchen. In dem in die Begegnung integriertem Zirkusprojekt erarbeiteten die Jugendlichen eine Geschichte, in dem die Entwicklung von Unsicherheit zu Mut und Vertrauen und von Abgrenzung zu gemeinsamen Miteinander beschrieben wird. Am Ende der Begegnung stand eine öffentliche Zirkusvorführung, in der die entwickelte Geschichte präsentiert wurde.

Veranstalter dieser Jugendbegegnung waren das JUGENDBILDUNGSWERK DER STADT KASSEL, ZIRKUTOPIA e.V. und „SESAM e.V. – Verein zur Realisierung von Ideen junger Menschen in Alltag und Zukunft“ in Zusammenarbeit mit der COOPERATIVA SOCIALE KARA BOBOBWSKI Modigliana (Italien) – mit finanzieller Förderung durch das EU-Programm JUGEND IN AKTION und AKTION MENSCH.